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Kosten der Diagnostik kognitiver Störungen in deutschen Gedächtnisambulanzen
ISSN
0720-4299
Date Issued
2022
Author(s)
Onur, Oezguer A.
Jessen, Frank
Fink, Gereon R.
Laske, Christoph
Levin, Johannes
Oberstein, Timo
Frölich, Lutz
DOI
10.1055/a-1871-9889
Abstract
Zusammenfassung
Demenzen sind teure Erkrankungen: die jährlichen Kosten betragen in
europäischen Versorgungssystemen etwa 28.000 €/Fall mit
einer starken Stadien-Abhängigkeit, davon entfallen etwa 19% auf
die medizinische Versorgung. Die diagnostischen Kosten hingegen verursachen
davon nur einen geringen Teil. Mit Wandel des konzeptuellen
Verständnisses von Demenzerkrankungen, der
Behandlungsmöglichkeiten und der Leitlinien spielen zunehmend auch
Biomarker-Untersuchungen eine wichtige Rolle. Die ökonomischen
Auswirkungen der Biomarker-basierten Diagnostik sind derzeit nicht sicher
abschätzbar. Zur Erhebung der Kosten einer leitlinien-orientierten
ätiologischen Erst-Diagnostik von kognitiven Störungen wurde
eine Umfrage im Deutschen Netzwerk Gedächtnisambulanzen (DNG)
durchgeführt. An 15 Expertenzentren des DNG wurden systematisch die
Personalbindungszeiten für alle Prozeduren und alle beteiligten
Berufsgruppen erhoben und die Personalkosten basierend auf den
tarifvertraglichen Arbeitgeberkosten berechnet. Zusammen mit den Kosten
für technische Untersuchungen wurden Gesamtkosten der Diagnostik
für drei Szenarien abgeschätzt: Diagnostik ohne Biomarker
€ 633,97 €, Diagnostik mit Liquoruntersuchungen
€ 1.214,90 und Diagnostik mit FDG- plus Amyloid-PET
€ 4.740,58. Zusätzlich erfolgte eine Analyse der
derzeitigen realen Kostensituation in Gedächtnisambulanzen, wobei die
Personalbindungszeiten für einzelne Leistungen und die apparativen
Kosten ins Verhältnis zur Häufigkeit ihrer Anwendung gesetzt
wurden. Als Mittelwert aller Zentren ergeben sich dabei Gesamtkosten von
€ 1.394,43/Fall (Mittelwert der Personalkosten
€ 351,72, Mittelwert der Kosten für apparative
Diagnostik € 1.042,71). Die Ergebnisse zeigen, dass eine
ätiologische Diagnostik von kognitiven Störungen (Demenzen und
leichte kognitive Störung) einen Ressourceneinsatz erfordert, welcher
derzeit weder durch die Vergütungssysteme von Ambulanzen noch durch die
vertragsärztliche Vergütung kostendeckend erstattet wird. Die
Biomarker-gestützte Diagnostik dementieller und prädementieller
Syndrome wird häufiger werden, wenn sie zur Indikationsstellung vor
einer krankheits-modifizierenden Therapie erforderlich ist. Deshalb
müssen neue Finanzierungsmodelle entwickelt werden, um die
gegenwärtige Lücke in der Kostenerstattung für die
ätiologische Diagnostik kognitiver Störungen zu
schließen.
Demenzen sind teure Erkrankungen: die jährlichen Kosten betragen in
europäischen Versorgungssystemen etwa 28.000 €/Fall mit
einer starken Stadien-Abhängigkeit, davon entfallen etwa 19% auf
die medizinische Versorgung. Die diagnostischen Kosten hingegen verursachen
davon nur einen geringen Teil. Mit Wandel des konzeptuellen
Verständnisses von Demenzerkrankungen, der
Behandlungsmöglichkeiten und der Leitlinien spielen zunehmend auch
Biomarker-Untersuchungen eine wichtige Rolle. Die ökonomischen
Auswirkungen der Biomarker-basierten Diagnostik sind derzeit nicht sicher
abschätzbar. Zur Erhebung der Kosten einer leitlinien-orientierten
ätiologischen Erst-Diagnostik von kognitiven Störungen wurde
eine Umfrage im Deutschen Netzwerk Gedächtnisambulanzen (DNG)
durchgeführt. An 15 Expertenzentren des DNG wurden systematisch die
Personalbindungszeiten für alle Prozeduren und alle beteiligten
Berufsgruppen erhoben und die Personalkosten basierend auf den
tarifvertraglichen Arbeitgeberkosten berechnet. Zusammen mit den Kosten
für technische Untersuchungen wurden Gesamtkosten der Diagnostik
für drei Szenarien abgeschätzt: Diagnostik ohne Biomarker
€ 633,97 €, Diagnostik mit Liquoruntersuchungen
€ 1.214,90 und Diagnostik mit FDG- plus Amyloid-PET
€ 4.740,58. Zusätzlich erfolgte eine Analyse der
derzeitigen realen Kostensituation in Gedächtnisambulanzen, wobei die
Personalbindungszeiten für einzelne Leistungen und die apparativen
Kosten ins Verhältnis zur Häufigkeit ihrer Anwendung gesetzt
wurden. Als Mittelwert aller Zentren ergeben sich dabei Gesamtkosten von
€ 1.394,43/Fall (Mittelwert der Personalkosten
€ 351,72, Mittelwert der Kosten für apparative
Diagnostik € 1.042,71). Die Ergebnisse zeigen, dass eine
ätiologische Diagnostik von kognitiven Störungen (Demenzen und
leichte kognitive Störung) einen Ressourceneinsatz erfordert, welcher
derzeit weder durch die Vergütungssysteme von Ambulanzen noch durch die
vertragsärztliche Vergütung kostendeckend erstattet wird. Die
Biomarker-gestützte Diagnostik dementieller und prädementieller
Syndrome wird häufiger werden, wenn sie zur Indikationsstellung vor
einer krankheits-modifizierenden Therapie erforderlich ist. Deshalb
müssen neue Finanzierungsmodelle entwickelt werden, um die
gegenwärtige Lücke in der Kostenerstattung für die
ätiologische Diagnostik kognitiver Störungen zu
schließen.